ZIB Education

Charakterisierung von Risikogruppen

Federführung: TUM

Worum ging es in dem Projekt?

Im Zentrum der Studie stand die Betrachtung der Leistungen von 15-jährigen Schüler*innen an Sonder- und Förderschulen im Vergleich zu anderen Gleichaltrigen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Dabei war es wichtig zu berücksichtigen, dass diese testfähig waren und die PISA-Teilnahmekriterien erfüllten. Dazu gehörte, dass ein Jugendlicher den PISA-Test selbstständig und ohne fremde Hilfe bearbeiten konnte und über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügte.

Um das Projekt durchführen zu können, wurde in der PISA-Studie 2012 eine zusätzliche Stichprobe an Sonder- und Förderschulen erhoben. Den Schwerpunkt der Untersuchung bildeten folgende Fragestellungen:

  • Wie lassen sich die Kompetenzen der an Sonder- und Förderschulen unterrichteten 15-Jährigen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) in Deutschland im Vergleich zu 15-Jährigen ohne SPF beschreiben?
  • Welche Testform ist für die 15-jährigen Schüler*innen an Sonder- und Förderschulen am besten geeignet?

Als Grundlage für die Untersuchung wurde neben PISA 2012 eine Zusatzerhebung von 53 Sonder- und Förderschulen mit testfähigen Schüler*innen durchgeführt, welche genau wie PISA die Bereiche Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen umfasste.

Um die zweite Fragestellung zu klären, erhielten die getesteten Schüler*innen mit SPF unterschiedliche Testformen und bearbeiteten entweder das reguläre, zweistündige Testheft, ein Booklet mit einfacheren Aufgaben (ebenfalls zweistündig) oder eine einstündige Testheft-Kurzversion, welche extra für Schüler*innen mit SPF konzipiert wurde. Davon ausgehend wurden die erzielte Leistung sowie die Abbruchquote und die Unterschiede zwischen den Testvarianten untersucht. Zusätzlich wurde das Aufmerksamkeitsverhalten der 15-Jährigen während der Testung beobachtet und erfasst.


Was sind Ergebnisse des Projekts?

  • Generell zeigt sich erwartungsgemäß, dass die Schüler*innen an Sonder- und Förderschulen im Durchschnitt deutlich niedrigere Ergebnisse erzielen als gleichaltrige Schüler ohne SPF. Dabei liegen die Ergebnisse in Mathematik vorwiegend auf oder unter Kompetenzstufe I. Das heißt, die Schüler*innen verfügen kaum über elementare Fähigkeiten in diesem Bereich. Auch in den Domänen Lesen und Naturwissenschaften weisen die meisten nur sehr geringe Fähigkeiten auf. Für Mathematik gibt es in den PISA-Studien die Kompetenzstufen I bis VI, auf denen die Schüler*innen eingruppiert werden. Dabei kann die Leistung aber auch unterhalb von Stufe I liegen. Auf Stufe I können die getesteten Jugendlichen auf Fragen zu vertrauten Kontexten antworten, bei denen alle relevanten Informationen gegeben und die Fragen klar definiert sind.
  • Innerhalb der Sonder- und Förderschulen erreichen aber auch einzelne Schüler*innen in Mathematik die Kompetenzstufen II und III. Kompetenzstufe II zeigt an, dass Schüler*innen auf dieser Stufe elementare Algorithmen, Formeln, Verfahren oder Regeln anwenden können. Sie sind zu direkten Schlussfolgerungen und wörtlichen Interpretationen der Ergebnisse imstande. Auf Kompetenzstufe III können Schüler*innen Darstellungen interpretieren und nutzen, die aus verschiedenen Informationsquellen stammen, und hieraus unmittelbare Schlüsse ableiten. Sie können kurze Berichte zu ihren Interpretationen, Ergebnissen und Überlegungen geben.
  • In allen drei geprüften Bereichen (Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen) liegen die Kompetenzen der Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung über dem Durchschnitt aller Jugendlichen mit Förderbedarf.
  • Im Schnitt zeigen die Jungen in Mathematik und die Mädchen im Lesen jeweils bessere Leistungen. In den Naturwissenschaften gibt es kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
  • Zwischen den einzelnen Testheften konnten keine systematischen Unterschiede in der Schwierigkeit der Aufgaben festgestellt werden.
  • Das einstündige Testheft scheint für Schüler*innen mit SPF besser geeignet zu sein als das reguläre oder vereinfachte Testheft. Hier erzielten die Jugendlichen bessere Leistungen und auch die Abbruchsrate war geringer.

 

Neben dieser Studie zu Schüler*innen mit SPF gehört die PISA-Arbeitsgruppe zu den Gründern des mittlerweile DFG-geförderten NELSEN-Netzwerks➚ (NEtwork of Large Scale Studies Including Students with Special Educational Needs) und arbeitet eng mit den Kolleg*innen zusammen, die sich an unterschiedlichen Standorten in Deutschland ebenfalls im Rahmen von Leistungsvergleichsstudien mit der Testung von Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf beschäftigen.

 

Publikationen zu diesem Projekt:

  • Gebhardt, M., Heine, J.-H. & Sälzer, C. (2015). Schulische Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht. In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik, 84 (3), 246-258.
  • Gebhardt, M., Sälzer, C., Mang, J., Müller, K., & Prenzel, M. (2015). Performance of Students with Special Educational Needs in Germany. Findings from PISA 2012. In: Journal of Cognitive Education and Psychology, 14(3), 343-356.
  • Müller, K., Prenzel, M., Sälzer, C., Mang, J. & Gebhardt, M. (im Druck). Wie schneiden Schülerinnen und Schüler an Sonder- und Förderschulen bei PISA ab? Analysen aus der PISA 2012-Zusatzerhebung zu Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. In: Unterrichtswissenschaft.
  • Piezunka, A., Gresch, C., Sälzer, C. & Kroth, A. (2016). Identifizierung von Schülerinnen und Schülern nach Vorgaben der UN-BRK in bundesweiten Erhebungen. Sonderpädagogischer Förderbedarf, sonderpädagogische Unterstützung oder besondere Unterstützung? In: Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 62 „Schulische Inklusion“, 190-211, Weinheim/Basel: Beltz Juventa.

Kontakt

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