ZIB Education

Untersuchungen zum schulischen Kontext mathematischer Kompetenz im internationalen Vergleich

Federführung: DIPF

Worum ging es in dem Projekt?

An Large Scale Assessments (LSA) wird häufig kritisiert, dass sie zu wenig Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Schulunterricht liefern würden. Um dem entgegenzuwirken haben die deutschen PISA-Teams seit 2000 auch Fragen eingeführt, mit denen die Unterrichtswahrnehmung gemessen werden kann. Um die Untersuchungen zum Unterrichtskontext international vergleichen zu können, müssen solche Erweiterungen aber auch auf internationaler Ebene der PISA-Studie eingeführt werden. Nur durch Fragen, die in allen PISA-Teilnehmerstaaten erhoben werden, ist es möglich, nationale Unterrichtskulturen zu identifizieren.

Bei der PISA-Studie 2012 konnte das DIPF Fragen zum Mathematikunterricht in den internationalen Fragebögen einbringen, die aus der deutschen Unterrichtsforschung stammen. Das ZIB-Projekt nutzte die entsprechenden Daten, um unter anderem folgende Fragen zu beantworten:

  • Ob und gegebenenfalls inwiefern können verschiedene Aspekte der Unterrichtsqualität und der Lehrerprofessionalität über verschiedene Länder hinweg vergleichbar mit Fragebögen erfasst werden?
  • Inwieweit sind die beobachteten Unterschiede in der Unterrichtsqualität und der professionellen Kompetenz von Lehrkräften mit Merkmalen der verschiedenen Kulturen erklärbar?


Was sind Ergebnisse des Projekts?

  • Die Studie konnte länderspezifische Unterrichtskulturen identifizieren. So ist beispielsweise eine auf die Anwendung ausgerichtete Mathematik vor allem im Unterricht skandinavischer und angelsächsischer Länder sowie der Niederlande zu finden. Osteuropäische und ostasiatische Kulturen setzen ihren Schwerpunkt eher auf Aufgaben in einem engen mathematischen Kontext. In Deutschland ist das Verhältnis insgesamt eher ausgeglichen.
  • Ferner zeigt sich, dass das Selbstwirksamkeitserleben von Lehrkräften damit zusammenhängt, ob sich die jeweilige Gesellschaft in ihren Wertevorstellungen eher individualistisch oder kollektivistisch orientiert. Der Begriff Selbstwirksamkeitserleben bezieht sich auf die Erwartungen, die eine Person hat, inwiefern sie mit ihren eigenen Handlungen etwas bewirken kann.
  • Auch die Struktur des Bildungssystems spielt eine Rolle dafür, wer welche Einstellungen entwickelt: Werden - wie in Deutschland - die Schüler*innen bereits früh nach ihren Leistungen in unterschiedliche Schularten eingestuft, so hängt die wahrgenommene Qualität der Beziehung zwischen den Lehrkräften und den Schüler*innen weniger von sozialer Herkunft und Leistung ab als in Bildungssystemen, in denen die Schularten nicht so früh getrennt werden. Wer für langes gemeinschaftliches Lernen plädiert, sollte also dafür Sorge tragen, dass Jugendliche aus höheren sozialen Schichten dabei nicht ungewollt bevorzugt werden.
  • Solche Zusammenhänge zwischen Kulturen, Leistungen, Einstellungen und Unterrichtspraktiken zeigen auf, dass es nicht sinnvoll ist, ohne Weiteres Unterrichtspraktiken aus anderen Staaten zu übernehmen, da diese nicht zwangsläufig in anderen kulturellen Kontexten zum selben Erfolg führen.
  • Die Ergebnisse des Projekts wurden nicht nur für das Design von PISA Plus und für die Gestaltung der internationalen Fragebögen für PISA 2015 genutzt. Auch das Design der internationalen TALIS-Videostudie➚ zum Mathematikunterricht, welche das DIPF ab 2017 auch in Deutschland durchführt, richtete sich nach diesen Ergebnissen.

 

Publikationen zu diesem Projekt:

  • Vieluf, S., Hochweber, J., Kunter, M. & Klieme, E. (2015). Who Has a Good Relationship With the Teachers? A Comparison of Comprehensive Education Systems with Education Systems Using Between-School Tracking. In: Oxford Review of Education, 41, 3-25.
  • Vieluf S. & Klieme, E. (2011). Cross-nationally comparative results on teachers qualification, beliefs, and practices. In Li, Y. & Kaiser, G. (Hs.), Expertise in mathematics instruction. An international perspective, 295-326, New York, N.Y.: Springer.
  • Vieluf, S., Kunter, M., & Van de Vijver, F. (2013). Teacher self-efficacy in cross-national perspective. In: Teaching and Teacher Education, 35, 92-103.

Kontakt

089 289 28274 zib.edu@sot.tum.de